Verhalten

Aktualisierung, 17.02.2020:

Wichtige Vorbemerkung: 47,XXY ist ein Spektrum – es gibt kein Merkmal, das bei allen auftritt.

1. Allgemeine Symptomatik

Zu den wichtigsten Begleiterscheinungen zählen …

In einer schwedischen Studie von Cederlöf et al (2013) mit 860 Teilnehmern mit Klinefelter-Syndrom haben diese gegenüber 46,XY-Männer ein vier Mal höheres Risiko für bipolare Störungen oder Schizophrenie und erhalten je sechs Mal häufiger die Diagnose ADHS oder Autismus.

  • Bei Autismus nach dem ICD-10 kommen Asperger-Autismus und atypischer Autismus deutlich häufiger vor als frühkindlicher Autismus (mit dem ICD-11 ab 01.01.2022 werde alle Autismus-Formen zum Autismus-Spektrum zusammengefasst).
  • Der hyperaktive Haupttyp ADHS scheint seltener aufzutreten als die stillere ADS-Form. Je nach Studie sind 40-80% von ADS betroffen.
  • Depressionen werden in rund 70 % aller Fälle beobachtet, häufig durch unerfüllten Kinderwunsch, aber auch durch Begleitsymptome wie autistische Züge; auch extrem niedrige Testosteronspiegel können Depressionen begünstigen.

Kognitive und psychische Symptome

  • Legasthenie
  • Sprach- und Lernschwierigkeiten, Wortfindung
  • kognitive Beeinträchtigung (verzögerte Verarbeitung von Gehörtem, rasche Erregung bei plötzlichen Veränderungen, erhöhtes Frustpotential)
  • verzögerte Reife
  • Aufmerksamkeitsdefizit, leicht ablenkbar durch äußere Reize (Reizfilterschwäche)
  • Exekutive Dysfunktionen (z.b. sich organisieren, planen, Entscheidungen treffen)

Symptome/Eigenschaften, die wahrscheinlich durch das zusätzliche X-Chromosom bedingt sind:

  • Defizite in der Sprachverarbeitung gehen mit besserer visuellen Verarbeitung einher (z.B. fotografisches Gedächtnis)
  • Zielgerichtete Aufmerksamkeit und verstärkte Detailwahrnehmung
  • Schwierigkeit, Emotionen von sich selbst und anderen richtig zu erfassen und zu interpretieren (z.b. unerfreuliche Gesichtsausdrücke und Tonmelodie)
  • Introvertiertheit, geringes Interesse an Gleichaltrigen, Leidenschaft für Details und Spezialinteressen

Symptome/Eigenschaften, die mit dem Testosteronmangel zusammenhängen können

  • Aufmerksamkeitsdefizit, Antriebslosigkeit, Müdigkeit

In der Wirksamkeit der Testosterontherapie scheint aber es Unterschiede zu geben, von welchem Testosteronlevel aus gestartet wird. Bei sehr großem Hormondefizit scheint die Wirksamkeit größer zu sein als bei geringerem Defizit.

Stärken/Positive Eigenschaften, die Menschen mit 47,XXY zugeschrieben werden:

  • Sensibel sein
  • kreativ
  • großer Gerechtigkeitsinn
  • Ehrlichkeit
  • guter Blick für Details, teilweise fotografisches Gedächtnis
  • Liebe zu Tieren
  • sehr konzentriert, wenn spezielle Interessen eingesetzt werden können
  • Langzeitgedächtnis

Alle aufgezählten Symptome werden auch bei Autisten beobachtet.

Der Kinderpsychiater Jay Giedd fand bei 40 Kindern mit 47,XXY ein größeres Volumen an grauer Materie auf der rechten Gehirnseite, welche räumliche (visuelle) und rechnerische Fähigkeiten kontrolliert. Berichte von Konferenzen und Webseiten zeigen, dass Interessen wie Mathematik, Computer, Schach, Musik und Kunst verstärkt bei XXY auftreten und viele in diesen Gebieten beruflich tätig sind.

2. Zusammenhang mit Autismus

Mein aktueller Stand, Februar 2020, ist eine Häufung von Autismus-Diagnosen bei 47,XXY. Außerdem – siehe oben – ähneln sich die Verhaltenssymptome bei autistischen und 47,XXY-Individuen vielfach, besonders was Exekutive Dysfunktionen, Reizsensibilität und die Verarbeitung von verbalen Informationen betrifft. In der medizinischen S3-Leitlinie zur Autismus-Diagnostik gilt das Klinefelter-Syndrom erstmals als Risikofaktor für eine Autismus-Diagnose.

Genetische Befunde, die mit einer erhöhten ASD-Rate assoziiert sind (bestimmte Mutationen, Mikrodeletionen oder -duplikationen, Chromosomenaberrationen wie das Klinefelter-Syndrom)

Aussagen darüber, dass Autisten eine deutliche Minderheit bei 47,XXY sind, stammen vor allem aus dem Umfeld von tendenziösen, deutschsprachigen Selbsthilfevereinen. Sehr oft zitiert wird etwa dieser Vortrag von Fuss und Auer (2013) anlässlich der Mitgliederversammlung der Deutschen Klinefelter-Vereinigung.

Im Kindesalter fallen KS-Jungen manchmal durch eine Verhaltensweise auf, die im Allgemeinen als autistisches Verhalten bezeichnet wird, jedoch vom Krankheitsbild des Autismus abgegrenzt werden muss. Es handelt sich hierbei in erster Linie um ein Verhalten, das durch Zurückgezogenheit, geringeres Interesse an der Interaktion mit Gleichaltrigen und einer besonderen Leidenschaft für Details gekennzeichnet ist.
Meine zweimalige Rückfrage, weshalb abgegrenzt werden muss, obwohl die Symptome doch identisch seien, blieb übrigens unbeantwortet. Außerdem suggeriert die Aussage, dass Autismus an sich und autistische Verhaltensweisen bei 47,XXY nur im Kindesalter auftreten, was unzutreffend ist. Würden diese Verhaltensweisen im Erwachsenenalter bzw. im Zuge einer Hormonbehandlung verschwinden, könnte bzw. müsste man sie abgrenzen.

Auch auf Wikipedia wird der Eindruck erweckt, dass die Fallzahlen viel niedriger liegen, selbst niedriger als die genannten 11-12%, wobei man sich hierbei auf Bojesen et al. (2003) und Visootsak et al. (2001) beruft, beide aus einer Zeit, als noch nicht bekannt war, dass die andere Wahrnehmung bzw. Reizsensibilität zu den Kernsymptomen von Autismus stammt. Diese konnten also gar nicht berücksichtigt werden.

Mein Eindruck ist naturgemäß subjektiv, aber gegenteilig. Alle 47,XXY-Menschen, die ich seit meiner Diagnose kennengelernt haben, zeigen starke autistische Züge oder besitzen bereits eine Autismus-Diagnose (Asperger-Syndrom). Eine große Dunkelziffer spricht nicht gegen ein häufigeres Auftreten. Wer zuerst die Autismus-Diagnose erhält, wird tendenziell nicht genetisch getestet, geschweige denn ein Blutbild veranlasst. 47,XXY scheinen überwiegend im hochfunktionalen Autismus-Bereich angesiedelt, d.h. mit normaler bis überdurchschnittlicher Intelligenz, mit Asperger- oder atypischen Autismus. Menschen mit diesen (gemäß DSM-IV) diagnostizierten Autismus-Typen werden häufiger spät diagnostiziert, weil sie nach außen hin weniger auffallen.

Die niederländische Forscherin BRUINING ET AL (2009) hat 51 XXY-Männer mit dem ADI-R-Fragebogen auf Autismus getestet, der auf die Kernbereiche soziale Interaktion (Domain 1), Kommunikation (Domain 2) und stereotype, beschränkte und wiederholende Verhaltensmuster (Domain 3) abzielt.

Fig 1. ADI-R-Score

Abbildung 4: Ergebnis des ADI-R-Test auf Autismus in den drei Kernbereichen. Die horizontale Linie markiert den Schwellenwert für klinische Relevanz, die Punkte stehen für die einzelnen Testpersonen.

27% der XXY erfüllten alle Kriterien für eine Autismus-Diagnose, die dritte Domain war insgesamt seltener erfüllt.

Für XXY-Autisten könnte das bedeuten: Sie sind in den beiden Kernbereichen von Autismus ähnlich stark betroffen, aber zeigen Autismus seltener nach außen, indem sie mit den Händern flattern, zappeln oder ein sonderbares Gangbild aufweisen.

Umgekehrt endet bei Menschen mit 47,XXY-Chromosomensatz häufig die Suche nach weiteren Diagnosemöglichkeiten. 47,XXY scheint alles zu erklären, warum eine Doppeldiagnose, die nur ein weiteres Stigma mit sich bringt? Besonders behandelnde Urologen erwecken oft den Eindruck, dass die Hormonersatztherapie alle psychischen Symptome beiseitige. Tatsächlich ist es für XXY-Menschen wichtig, sowohl die hormonelle Situation zu betrachten als auch gesondert die autistische Grundsymptomatik.

Häufigkeiten in Prozent nach verschiedenen Studienautoren:

Aus dem Vortrag von van Rijn (2015) stammt diese Grafik:

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gemessen wird der Social Responsiveness Score (SRS). Je höher der Wert, desto mehr autistische Verhaltensweisen sind vorhanden, n = 164

Die Kontrollgruppe (Normalbevölkerung) liegt bei 25, Autisten (ASD) bei 95. Der Schwellenwert liegt bei 70, Menschen mit zusätzlichem X-Chromosom (47,XXY und 47,XXX) liegen bei 65, also knapp darunter.

Alle Prozentangaben sind stark abhängig von der Art des Fragebogens. Mein Hauptkritikpunkt ist, dass sensorische Empfindlichkeiten nicht erfasst werden. Verschiedene Quellen (z. B. Temple Grandin 2013, Wilczek 2019) legen nahe, dass die andere Wahrnehmung maßgeblich die Verarbeitung von Sinnesreizen und Emotionen beeinflusst, sowie in weiterer Folge die Kommunikation und Interaktion und entsprechende Kompensationsstrategien, die vom Bereich Domain 3 abgedeckt sind (Spezialinteressen, stereotype und repetitive Verhaltensmuster).

Aus der britischen Broschüre über Lernbedürfnisse von XXY-Kindern (2004) werden zum Teil eindeutig autistische Grundsymptome genannt, z.b.

  • Verarbeitung und Speicherung verbaler Informationen (Seite 2)
  • Probleme mit der Grobmotorik (Seite 3)
  • Zeitmanagement (Seite 3)
  • Aussagen werden wörtlich interpretiert, Schwierigkeiten, zwischen den Zeilen zu lesen bzw. Ironie und Sarkasmus zu verstehen, hoher Stellenwert von Routinen (Seite 4)
  • Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen (Seite 4),
  • Hintergrundgeräusche und Bewegungen lenken beim Versuch, sich zu konzentrieren, stark ab. […] Viele Buben mit KS haben ein sehr empfindliches Gehör, pfeifende Elektronik und tickende Ohren sind sehr störend und unvorhergesehene Frustration und Wut hervorrufen. Sie bemerken oft Dinge aller Art rund um den Klassenraum, die für den Lehrer unbedeutend erscheinen, etwa Bilder und Objekte an den Wänden. Anweisungen sollten kurz und bündig formuliert sein mit Zwischenschritten. (Seite 4 und 5)

Persönliche Spekulation: Für mich klingt das so, als ob weitaus mehr als 5-10% der XXY-Menschen im autistischen Spektrum zuhause sind. Aber sei es wie es sei, ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken, dass XXY identisch mit Autismus sei, sondern dafür sensibilisieren, was XXY-Menschen hilft und dass großteils die gleichen Strategien und Bewältigungsmethoden helfen können wie sie bei Autismus angewendet werden. Dafür braucht es nicht einmal eine zusätzliche Autismus-Diagnose, sondern es kann genügen, Teilaspekte herauszugreifen, z.b. die Reizfilterschwäche, der Wunsch nach einem geregelten Ablauf, rechtzeitige Mitteilung von Änderungen, Verwendung von Aufgabenlisten, klare Anweisungen ohne zwischen den Zeilen lesen zu müssen, feste Ansprechpartner, etc.

Ist 47,XXY ein spezifischer Subtyp von Autismus?

Persönliche Spekulation: Der Umstand, dass die Mehrheit der diagnostizierten 47,XXY-Menschen keine zusätzliche Autismus-Diagnose aufweist, deutet für mich daraufhin, dass es von denen aktiven Genen auf dem zweiten X-Chromosom abhängt, wie ausgeprägt die autistischen Merkmale sind.

Weitere Chromosomaberrationen, die mit einem autistischen Phänotyp einhergehen, betreffen Regionen auf 7q, eine Mikrodeletion auf 17p11.2 (Smith-Magenis-Syndrom), das 22q13 Deletions-Syndrom, die Anzahl der X- und Y-Chromosomen und das Down-Syndrom.

Quelle: Genetik des Autismus, Martin Holtmann et al., 2006, S. 172 (Volltext)

Aus Van Rijn (2015) wird deutlich, dass XXY-Menschen im Gegensatz zu Autisten mit unbekannter Ursache ….

  • überwiegend hochfunktionalen Autismus zeigen (normale bis überdurchschnittliche Intelligenz)
  • häufiger zu Gedankengrübeleien neigen
  • häufiger Angstzustände empfinden, wenn sie mit anderen interagieren, insbesondere die Furcht vor negativer Beurteilung und Bewertung durch andere

Sonstige Überschneidungen mit Autismus:

XXY-Menschen neigen dazu, Blickkontakt zu vermeiden, wodurch sie Probleme entwickeln, Emotionen bei anderen zu erkennen und richtig zu benennen. Das führt zur Frustration in der Interaktion mit neurotypischen Menschen (Van Rijn 2014).

Das sprachliche Profil bei Kindern mit Klinefelter-Syndrom entspricht nahezu jenem von autistischen Kindern, selbst bei durchschnittlichen IQ, es gibt vor allem Probleme mit dem sprachlichen Ausdruck, z.b. eigene Gedanken, Emotionen, Bedürfnisse äußern (Melogno 2019)

Der Gesamtscore des Autism Questionnaire-Fragebogens (AQ) liegt bei 31 XXY-Männern deutlich über der Kontrollgruppe mit XY-Chromosomensatz. Darunter sind 24 Männer in Testosteronersatztherapie, d.h., die Hormonbehandlung hat keinen signifikanten Einfluss auf die autistischen Symptome (Van Rijn et al., 2008)

totalscore_autism_spectrum_questionnaire_rijn_2008

Hinweis in eigener Sache: Für ausführliche Informationen über das Autismus-Spektrum sei mein Selbsthilfeblog autistenbloggen.wordpress.com empfohlen.

3. Zusammenhang mit AD(H)S

giedd2002
Aus einer Google-Vorschau in Understanding and Treating Adults With Attention Deficit Hyperactivity Disorder von Brian B. Doyle (2006)

ADHS ist gemäß ICD-10 gekennzeichnet durch die drei Kernsymptome

  • Aufmerksamkeitsdefizit (Ablenkbarkeit)
  • Hyperaktivität (Bewegungsdrang)
  • Impulsivität (unüberlegtes Handeln)

Im amerikanischen DSM-V wird differenziert zwischen

  • Aufmerksamkeitsdefizit (ADS)
  • Hyperaktivität und Impulsivität (ADHS)
  • kombinierter Typ

Bekannte Zahlen:

  • 36 % ADS (Tartaglia et al., 2010, 57 Kinder und Jugendliche mit XXY)
  • 63 % ADHS (Bruining et al., 2010)
  • 80% ADHS (Doyle, 2006)

4. Auswirkungen

Folgende Aussagen beruhen großteils auf zwei Texten von James Moore, Leiter von AXYS (Association for X and Y chromosome syndroms), die er für die Facebook-Selbsthilfegruppe (nicht öffentlich) verfasst hat. Dank seiner Erlaubnis durfte ich sie auf meinem Blog ins Deutsche übersetzen.

XXY ist ein Spektrum mit tiefgreifenden, aber auch nahezu unsichtbaren Auswirkungen.

Zu charakteristischen Eigenschaften von vielen XXY zählt man:

  • Schwierigkeiten in der Kommunikation, Interpretation von Mimik (z.b. traurig versus wütend). Missverständnisse sind an der Tagesordnung. Umgekehrt hat auch der XXY Probleme, Mimik und Tonfall zu kontrollieren. Er erscheint traurig oder gelangweilt, wenn er in Wirklichkeit fröhlich ist. Oder er lacht, wenn es ihm schlecht geht oder er krank ist.
  • Impulskontrolle kann eine Herausforderung sein. In der unmittelbaren Situation reagiert er aufbrausend und ungehalten. Später reflektiert der Betroffene oft über sein Verhalten, im Affekt kann die Reaktion unangemessen erscheinen.
  • Anhaltende Probleme mit Exekutivfunktionen: Verarbeitung aller Fakten (Gelesenes und vor allem Gehörtes) ist oft verzögert. Entscheidungen treffen kann zum Problem werden, ebenso die Folgen von Handlungen und Aussagen abzuschätzen. (Zeit geben!)
  • Empathie … im unmittelbaren Moment tun sich viele schwer, den Standpunkt des anderen zu wahrzunehmen, zu spüren, wie der andere fühlt und emotionale Signale zu erkennen (nonverbale Signale wie Mimik, Gestik, Tonfall). Hinterher sind sie oft SEHR empathisch, nachdem sie Zeit hatten, die Situation zu verdauen und zu verarbeiten.

Das führt oft zum Zusammenbruch (Meltdown), besonders wenn sie nicht erkennen, wann bzw. dass sie den Bogen überspannt haben. Das Intervall zwischen „dem Moment“ und zu realisieren, was man gerade gesagt hat oder tut, dauert oft nur ein paar entscheidende Minuten.  Nahestehende Menschen können sich anpassen und darauf zählen, dass er wieder einlenkt. In öffentlichen Situationen, am Arbeitsplatz oder allgemein mit Fremden kann dies ernsthafte Schwierigkeiten nach sich ziehen – wenn der andere eben nicht bereit ist, sich darauf einzustellen oder einen Vorteil daraus zielen will bzw. wütend reagiert. Der XXY-Mensch kann sein eigener schlimmster Feind sein, weil er den Ernst einer Situation nicht erkennt und sich Konflikte weiter zuspitzen. Mobbing, Gewalt oder Kündigungen können die Folge sein. Das ist keine Entschuldigung für Fehlverhalten, aber es hilft ab und zu sich zu vergegenwärtigen, dass der XXY-Mann ‘nicht aus seiner Haut heraus kann’, es ist Teil seiner XXY-Persönlichkeit. Eingreifen ist sinnlos. Das Umfeld ist dann gut beraten, die Ohren auf Durchzug zu stellen und die Situation anschließend in Ruhe anzusprechen, wenn sich die Gemüter beruhigt haben. Eine Diskussion in Ruhe, nachdem sich der Staub gelegt hat, kann jedoch sehr produktiv sein. Das verhindert zwar keine Meltdowns, aber eine Eskalation. Im Beruf kann das eine Hürde am Weg zum Erfolg bzw. zu einem sicheren Arbeitsplatz sein. Wenn am Arbeitsplatz Zusammenbrüche vorkommen, kann es an der Zeit sein, beim Arbeitgeber reinen Tisch zu machen und nach gewissem Entgegenkommen zu verlangen. Wettbewerbsbedingungen in der Arbeit sind nicht für diese Art von Stress geschaffen, aber wenn man weiß, dass sie Teil einer medizinischen Diagnose sind – wie bei Autismus – kann sich der Arbeitgeber anpassen.

Ein Gedanke zu “Verhalten

  1. Hallo Forscher.

    nach dem ich auf deinem Blog nicht mehr kommentieren kann, schreibe ich nun mal hier. Ich lese oft mit dem Smartphone deine Seite und wenn ich dann schreibe, stimmt oftmals die Rechtschreibung nicht mehr. Aber jetzt gerade bin ich endlich an meinem PC. Ich wollte schon zur visuellen Verarbeitung schreiben, da dies meine einzige wirkliche Stärke ist. Ist kann weder mir gut akustische Dinge merken noch gut Aufgaben verarbeiten. Aber wenn ich eine Grafik oder ein Tafelbild nur kurz sehe, brennt sich die in mein Gehirn so ein, dass ich sie noch Jahre später einwandfrei verwenden kann. In der Lehre war der Lerninhalt nur auf Lernen und wenig auf Verarbeiten ausgelegt. Damals konnte ich die Berufsschule mit 1,2 und die gesamte Lehre mit 2,4 (ich habe zwei linke Hände) als Frühauslerner bestehen. Danach habe ich mich dann zum Maschinenbautechniker (ist in Deutschland durch eine zweijährige Fachschule zu erreichen, die auf der Berufsausbildung aufbaut und zwischen Meister und Ingenieur liegt). Dort musste ich dann doch viel mehr verarbeiten und konnte nur wenig auf die visuelle Gabe zurückgreifen, so dass ich den Techniker mit 2,3 geschafft habe (ich war dennoch zufrieden und mein gegenwärtiger Beruf bereitet mir Freude).
    Dann habe ich auch noch das Problem mit meinen Ohren. Als Kind war ich mehrmals bei HNO-Ärzten, weil die Lehrer meinten, ich wäre schwerhörig, hatte da aber bei den Gehörtests ein ausgezeichnetes Gehör. Wenn es Laut ist, höre ich nur noch Lärm. Ich kann schon mal mit Freunden in eine Diskothek, trage dann aber den ganzen Abend Ohrenstöpsel, da es mir sonst viel zu Laut wäre. In der großen Kantine meiner Firma kann ich dem Gespräch der Arbeitskollegen auch kaum folgen, aber sonst habe ich keine Probleme in einer Besprechung mit 20-30 Menschen. In meinem Großraumbüro nennen mich meine Kollegen ab und zu „das Radar“, weil ich gut leise Geräusche wahrnehmen kann und auch den Inhalt von Gesprächen aus 10m noch verstehe.

    Gruß
    Sargon

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