Neue Vereinsbroschüre der DKSV: Kritik

Im nachfolgenden Beitrag eine persönliche Kritik an der siebten Auflage der Klinefelter-Syndrom-Broschüre der deutschen Klinefelter-Vereinigung, die Seitenzahlangaben orientieren sich an den Seitenzahlen auf dem Dokument selbst (und nicht im PDF-Viewer).

Mein Resumee:

Die Hinweise auf Nachteilsausgleiche, Schulbegleitung und unterstützende Maßnahmen im Unterricht begrüße ich ausdrücklich. Hier sollte noch mehr darüber aufgeklärt werden, da offenbar nur wenige KS-Träger Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen.

Erwartungsgemäß enttäuscht bin ich darüber, dass man die Chance versäumt hat, Alternativen zur Testosteronbehandlung anzugeben, insbesondere, wenn Betroffene nicht vermännlicht werden wollen bzw. ein undeutiges Geschlecht zur Vorsicht anmahnt. Intersexuelle und Transgender werden nicht erwähnt, aus Facebookgruppen und wenigen Studien sind mir aber doch einige Betroffene bekannt, die z.B. eine Östrogentherapie machen oder generell eine Hormonbehandlung ablehnen. Auch fehlt der Hinweis auf das AIS (Androgen Insensitivity Syndrom), wo eine Testosteronbehandlung aufgrund Resistenz gegen die Wirkung des Hormons nicht anschlägt. Auch, wenn die aufgezählten Abweichungen von der sexuellen „Norm“ eine Minderheit darstellen, sollte ein Selbsthilfeverein dieser Minderheit eine Plattform bieten.

Ebenfalls meinen Erwartungen entspricht das völlige Fehlen, ADHS- und Autismus-Symptomatik anzusprechen. Sofern man die Symptome richtig einordnet und z.B. Nachteilsausgleiche auch mit einer Klinefelter-Diagnose gewährt werden, mögen weitere Diagnosen nicht notwendig sein. Jedoch kann es manchmal auch eine Erleichterung sein, wenn Symptome eine Diagnose erhalten, über die wesentlich mehr bekannt ist als über Klinefelter.

Zuletzt möchte ich anmerken, dass man stigmatisierende Krankheitsbilder oder Phänotypen wie Autismus, ADHS und Intersexualität nicht entstigmatisiert, indem man nicht darüber sprechen oder schreiben darf, oder gar verweigert, an einer Forschungsstudie teilzunehmen, weil der Oberbegriff „Störung der Geschlechtsentwicklung“ lautet. Aufklärung ist das Zauberwort. Vorurteile beseitigen, zeigen, dass das Leben lebenswert ist, egal, mit welchen Geschlechtsteilen oder neurologischem Phänotyp man auf die Welt kommt. Das Wohlergehen des Betroffenen steht an erster Stelle, danach kommen die Angehörigen!

Grün hervorgehoben positive Bewertungen.

http://www.klinefelter.de/cms/media/cms/kontent/Broschuere_Das_Klinefelter-Syndrom.pdf

Seite 5: das Unternehmen Jenapharm GmbH & Co. KG hat die Erstellung der Broschüre finanziell unterstützt. Es vertreibt u.a. Testosteronpräparate wie Nebido und Depot. Demzufolge kann eine wohlwollende Empfehlung der Testosterontherapie nur im Interesse des Sponsors sein.

Seite 10: Gut, dass man die zeitnahe Zusammenfassung von Eberhard Nieschlag mit aufgenommen hat. Schöne Übersicht über mögliche Begleiterscheinungen und deren Häufigkeit.

Seite 11/12: Bei „Entwicklungsstörungen in der Kindheit“ bzw. „Erkrankungen des Nervensystems“ fehlt erwartungsmäß die Nennung von ADHS und Autismus, die manche Autoren immerhin mit 40-80 % (ADHS) bzw. 10-40 % (Autismus) veranschlagen.

Seite 13/14: Ob Spätfolgen reduziert/verhindert werden können, ist leider nicht belegt, siehe z.B. Host et al. (2014). So ist z.B. unklar, ob Testosterontherapie alleine Osteopenie bzw. Osteoporose verhindern oder abschwächen kann. Auch der Zusammenhang zwischen Testosterontherapie und Diabetes zeigt widersprüchliche Studienergebnisse.

Seite 17: Häufig benutzt, aber nicht zwingend richtig ist die Aussage, dass undiagnostizierte Betroffene automatisch ein unauffälliges, selbstbestimmtes Leben führen. Es ist genauso möglich, dass ein gewisser Prozentsatz der undiagnostizierten Betroffenen leidet, aber nicht weiß, woran, da es zu wenig erfahrene Ärzte in der Umgebung gibt.

Seite 23: Gute Empfehlungen zu verzögerte Sprach- oder Motorikentwicklung.

Seite 26: ADHS-Symptome werden benannt, ohne es ADHS zu nennen (ist aber ok, immerhin werden Maßnahmen genannt), z.B. verkürzte Aufmerksamkeitsspanne und schlechtes Kurzzeitgedächtnis.

In der folgenden Symptomliste kommen jedoch wesentlich mehr Anzeichen für ADS/ADHS bzw. autistische Verhaltensweisen vor:

Konzentrationsmangel, gedankliches Abdriften (Träumen), langsames Arbeitstempo, Motorikstörungen, Probleme beim Übertragen von Informationen aus
dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis, geringe Frustrationstoleranz,
erhöhte Sensibilität, Stimmungsschwankungen, Passivität,
Kontaktarmut, verzögerte
Sprachentwicklung

so sind Motorikstörungen, erhöhte Sensibilität, verzögerte Sprachentwicklung und Kontaktarmut typisch für das Autismus-Spektrum.

Die Frage stellt sich natürlich, wie auffällig diese Symptome sind und ob sie die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen. Die Frage nach der Ursache für all diese Symptome sollte ebenso gestellt werden. Niedrige Frustrationstoleranz in Verbindung mit (plötzlichen) Veränderungen oder erhöhte Sensibilität auf Geräusche und andere Sinnesreize sind eher ein autistisches Merkmal. Einzelne Merkmale dagegen sind nicht gleich zu pathologisieren. Eine gewisse Trotzphase ist gerade für die Pubertät nur allzu typisch. Auch bei langsamen Arbeitstempo sind die Ursachen zu hinterfragen, liegt es an unklaren Anweisungen, an zu viel Ablenkung in der Umgebung?

Seite 28: Positiv fallen folgende Merkmale auf: ausgeprägte Beobachtungsgabe, gute
visuelle Merkfähigkeit, gutes Langzeitgedächtnis, stark ausgeprägtes Sozialverhalten
(Hilfsbereitschaft), tiefgründiges Nachdenken und treffendes Erfassen komplexer
Zusammenhänge.

Ich  habe mich intensiv mit Autismus beschäftigt, und alle hier aufgezählten Merkmale werden immer wieder von Autismusforschern und Psychologen als wesentliche positive Eigenschaften genannt: ausgeprägte Detailwahrnehmung, visuell-räumliche Merkfähigkeit, Langzeitgedächtnis und logisch-analytisches Denken.

Seite 28: Gut der Hinweis auf verbale Schwierigkeiten (mündliche Mitarbeit!), und wie Lehrer den Unterricht besser für XXY akzentuieren können.

Seite 29: Gut auch die Hinweise auf Nachteile im Sport und Werkunterricht durch muskuläre Defizite. Ganz wichtig: Dies ist eine der möglichen Ansatzpunkte für Mobbing durch andere Mitschüler!

Seite 31-33: Das Beispiel eines XXY-Kindes zeigt, dass erhöhte Geräuschempfindlichkeit auch mit Schwerhörigkeit zusammenhängen kann. Vor dem Verdacht auf Reizfilterschwäche sollte zunächst das Hörvermögen getestet werden.

Das mit dem Vorzug von Jogginghosen kann hingegen wieder auf eine erhöhte Sensibilität auf taktile Reize hindeuten. Ich trage auch am liebsten Funktionskleidung (Wanderhosen) und Jogginghosen, weil sie angenehm leicht und weich sind und nicht kratzen. Alterstypische Hosen sind jedoch in 99 % der Fälle Jeans, die ich als schwer und kratzend empfinde. Ein weiterer Grund für unbequeme Hosen kann auch der Körperbau bei 47,XXY sein, mit meist etwas breiteren Hüften als bei Altersgenossen. Dann sind Hosen, die anderen Jungen passen, im Gürtelbereich oft zu eng.

Seite 35: Guter Hinweis, dass mit dem Klinefelter-Syndroms Nachteilsausgleiche wie mehr Zeit bei Klassenarbeiten möglich sind.

Seite 44: Es mag tröstlich für einen heranwachsenden Buben sein, dass …

Ein Mann mit einem zusätzlichen X-Chromosom ist keinesfalls „weiblicher“ als einer mit einem Chromosomensatz 46, XY

Jedoch darf ein Mann sehr wohl weiblicher sein, jedenfalls ist das meine Auffassung von Geschlechtervielfalt im 21. Jahrhundert. Er darf mit Puppen spielen, Kleider anziehen, öfter mit Mädchen als mit Buben zusammen sein, er muss sich nicht schämen, wenn er keine typischen Bubenspiele mitmacht, sich nicht mit anderen Kids rauft oder nicht jeden Schabernack mitmachen will. Er darf sogar später entscheiden, ob er ein Mann oder eine Frau sein will, wenn zwar das biologische Geschlecht männlich ist, er im Kopf aber weiblich denkt (-> Transgender). Leider fehlt dieser Aspekt vollständig in der gesamten Broschüre. Selbt wenn nur ein winziger Prozentsatz der diagnostizieren (von den 80-85 % Dunkelziffer reden wir gar nicht!) Betroffenen Transgender ist oder sich nicht als Mann identifizieren kann, hat das gravierende Auswirkungen auf die vorgeschlagene Therapie, da Testosteronpräparate dann der falsche Ansatz sind.

Seite 47:

Jugendliche und Männer mit Klinefelter-Syndrom fühlen und verhalten sich wie Männer!

In dieser pauschalen Aussage falsch! Ich kenne inzwischen ein paar Betroffene und darunter sind neben Transgender mit Östrogentherapie auch solche, die gar keine Therapie machen. Einige von ihnen fühlen sich weiblich und verhalten oder kleiden sich auch so. Ich selbst habe zu meinen männlichen Altersgenossen in vielerlei Hinsicht eine Distanz empfunden, diese hat sich auch durch die Testosterontherapie nicht geändert.

Die zitierte Langzeitstudie mit positiven Ergebnissen durch die Hormontherapie von 1987 ist eigentlich 1988 erschienen, allerdings wurde sie nicht mit Placebos kontrolliert. Wenn ich erwarte, dass es mir durch die Hormontherapie besser geht, ist das wie eine self-fulling prophecy, die eventuell auch durch Placebos hätte erzeugt werden können.

Seite 50:

Wer glaubt der Gendefekt ist verantwortlich für schlechte Schulergebnisse, mangelhafte Konzentration und dem Gefühl nichts auf die Reihe zu bekommen ist falsch gewickelt, denn mir war der Gendefekt zu meiner Schulzeit noch nicht bekannt und ich hab mich auch durchgeboxt.

Etwas sonderbare Argumentation. Natürlich ist die genetische Veranlagung nicht direkt verantwortlich. Je nach Ausprägung kann aber etwa die kurze Aufmerksamkeitsspanne für eben diese Defizite sorgen, wenn sie nicht als Ursache dafür erkannt und behandelt wird. Klinefelter sollte um Himmels Willen nicht als Ausrede fungieren, etwas erst gar nicht zu versuchen. Es gibt genügend Hilfsangebote, wenn erst einmal konkrete Ursachen erkannt wurden. Klinefelter ist keine Ursache, sondern eine Ansammlung von Symptomen, die bei jedem unterschiedlich ausgeprägt sind. Ursache für schlechte Noten ist also nicht Klinefelter, sondern sind eventuell das schlechte Kurzzeitgedächtnis oder verkürzte Aufmerksamkeitsspanne. Beide Symptome haben ihre Wurzel im Frontalhirn, in den sogenannten Exekutivfunktionen. Dafür gibt es zum Glück eine Reihe von Konzepten, und sei es nur das Führen von Notizbüchern und To-Do-Listen.

Seite 66: Zur Erhöhung der Knochendichte ist die zusätzliche Gabe von hochdosiertem Vitamin D mitunter wichtiger als die Testosterontherapie selbst.

Seite 70-74: Auch hier fehlt die Erwähnung von Gender Dysphoria (Unbehagen mit dem zugewiesenen biologischen Geschlecht), die unbedingt vor Beginn einer Hormontherapie abgeklärt werden sollte. Selbst wenn Transgender o.ä. -Gründe nicht als Ausschlussgrund vorliegen, kann die Behandlung fehlschlagen, z.B. bei Androgen-Resistenz (AIS, Androgen Insensitivity Syndrome). Zudem sind die Effekte der Testosterontherapie umso stärker, desto niedriger die Ausgangswerte waren (logarithmische Wirkung).

S. 82.85: Sehr schöner Erfahrungsbericht über Schulbegleitung. Ein qualifizierter Begleiter erscheint sinnvoller als ein unqualifizierter (kostengünstiger) Schulbegleiter. Von Sonder/Förderschulen wird abgeraten, weil die Kinder meist normal intelligent sind und dann unterfordert wären. Lernprobleme sollten stattdessen direkt angegangen und können dank Nachteilsausgleiche auch berücksichtigt werden. So ist ein normaler Schulabschluss möglich (der Hinweis auf Förderschule scheint ein K.O.-Kriterium bei der Jobsuche zu sein).

S. 90-93: Bei dem Text handelt es sich um ein Referat vom 27. April 2013 anlässlich der DKSV-Mitgliederversammlung.

Im Kindesalter fallen KS-Jungen manchmal durch eine Verhaltenweise auf, die im Allgemeinen als autistisches Verhalten bezeichnet wird, jedoch vom Krankheitsbild des Autismus abgegrenzt werden muss. Es handelt sich hierbei in erster Linie um ein Verhalten, das durch Zurückgezogenheit, geringeres Interesse an der Interaktion mit Gleichaltrigen und einer besonderen Leidenschaft für Details gekennzeichnet ist.”
In einer bis heute unbeantworteten E-Mail vom 23. August 2014 schrieb ich beide Autoren an und fragte nach:
Weswegen muss hier zwingend eine Abgrenzung erfolgen? Falls das Verhalten stark autistisch ist, können ja durchaus alle Kriterien für eine ASD-Diagnose vorliegen?
Die Detailwahrnehmung wirkt sich leider auch negativ aus durch eine verstärkte Reizfilterschwäche. Ich kenne Betroffene, mich eingeschlossen, die vor allem
mit Hintergrundgeräuschen, verstärkter Geruchswahrnehmung, manchmal auch Ablenkung durch Bewegungen leiden, die aber auch Stärken entwickelten, etwa Spezialinteressen. Ich stimme Ihnen aber zu, dass in den meisten Fällen vmtl. ”nur” die soziale Kommunikation beeinträchtigt ist, und Routinen/Spezialinteressen eher seltener vorkommen, zumindest laut Bruining H. et al., Psychiatric Characteristics in a self-selected sample of boys with Klinefelter Syndrome, Pediatrics, 2009, 123, e865

Die entscheidende Frage ist wohl: Ist eine Doppeldiagnose Klinefelter und Autismus möglich? Ein Blick in diverse Studien zeigt: Ja. In den Niederlanden erhalten rund 30 % eine ASD-Diagnose, in Schweden tritt Autismus bei Klinefelter 6 mal häufiger als in der Allgemeinbevölkerung auf. Eine Abgrenzung wäre in meinen Augen dann notwendig, wenn sich die autistischen Symptome durch eine ursächliche Behandlung des genetischen Syndroms umkehren ließen, d.h. durch eine Testosteronbehandlung. Dafür gibt es jedoch keine Beweise.

Eine Zweitdiagnose Asperger kann auch in jungen Jahren bedeuten, dass Schulen eher Bescheid wissen, welche Nachteilsausgleiche notwendig sind als es bei Klinefelter der Fall ist. Im fortschrittenen Lebensalter geht damit ebenfalls mehr Unterstützung, aber auch mehr Achtsamkeit einher. In Summe ein Gewinn an Lebensqualität.

S. 94:

Wir unterstützen die Forschung und Entwicklung, um die psychosozialen und medizinischen Bedingungen für die Betroffenen zu verbessern.

Diese ehrenswerte Aussage widerspricht leider dem gezeigten Verhalten des Vorstands, der in einer Stellungnahme zur europäischen „disorders of sex development (DSD)“-Studie zur Verweigerung der Teilnahme aufruft. Bei der Studie waren nicht nur 47,XXY-Betroffene erwünscht, sondern auch jene mit Turner-Syndrom (45,X) und sonstigen X- und Y-Chromosomenvarianten. Sie wird wahrscheinlich Erkenntnisse bringen, welchen Einfluss überzählige (bzw. fehlende) X- und Y-Chromosomen auf den Phänotyp haben, und was sich entsprechend vom Hormonmangel abgrenzen lässt. Das hat natürlich wesentliche Implikationen für die medizinische Behandlung auch bei Klinefelter. Ich halte es für den fundamental falschen Weg, aus Angst vor Stigmatisierung eine derart wichtige Studie zu boykottieren. Stattdessen sollte man sich besser für Entstigmatisierung einsetzen. Intersexuelle Menschen sind Menschen! Erst vor kurzem habe ich von einer XXY-Betroffenen mit komplett weiblichen Phänotyp gehört! Die laut DKSV gar nicht existieren dürften und in dieser Broschüre weitgehend unter den Tisch fallen. Zudem könnte die Studie ja auch das Ergebnis bringen, dass der Anteil intersexueller XXY sehr gering ist. Wenn jetzt aber die laut DKSV mehrheitlich sexuell „unauffälligen“ XXY die Studie boykottiert haben, ergibt das bei der Studie mitunter eine Verschiebung zu den abweichenden sexuellen Phänotypen hin, also genau das, was sie laut Stellungnahme vermeiden wollten. Mit anderen Worten: Der Boykott kann kontraproduktiv sein. Mir ist jedoch viel wichtiger, dass die gesammelten Daten hilfreiche Erkenntnisse für die Behandlung liefern. Leider konnte ich selbst nicht teilnehmen, weil in Österreich keine Tests möglich waren.

Umfassende Literatur zu meinen Anmerkungen kann man unter folgenden Seiten nachlesen:

  1. Literatur-Übersicht
  2. Blog-Archiv
  3. Anlaufstellen, Leitfäden, Broschüren anderer Vereine

5 Gedanken zu “Neue Vereinsbroschüre der DKSV: Kritik

  1. An der Kritik sieht man, dass der Autor die neuesten medizinischen Forschungsergebnisse nicht kennt. Vielleicht sollte er selbst ein Buch veröffentlichen, was die von ihm kritisierten Punkte enthält.

    Wichtig: Autismus und KS haben keinen Zusammenhang – es kann aber beides bei einem Menschen auftreten.

  2. Zusammenhang: S.39 der S3-Leitlinie für Autismus-Diagnostik:

    Klicke, um auf 028-018l_S3_Autismus-Spektrum-Stoerungen_ASS-Diagnostik_2016-04.pdf zuzugreifen

    Natürlich kann man weiter alles abstreiten und damit Familien und Betroffenen erschweren, die richtige Hilfe zu bekommen, die nicht nur aus Testosterontherapie besteht. Aber wenn man weiterhin Steine in den Weg legt und öffentlich Zusammenhänge abstreitet, darf man sich nicht wundern, wenn es heftigen Gegenwind gibt.

  3. Hallo Forscher,

    erst einmal finde ich es schön, dass sie unsere Broschüre so interessiert gelesen haben. Es freut mich sehr, dass sie den Weg zu dir gefunden hat.

    Ich möchte erst einmal sagen, dass die Broschüre hauptsächlich zur Erstinformation von Betroffenen/Partnern/Eltern/Freunde gedacht ist und keinen Anspruch zur Vollständigkeit aller Eventualitäten aufweist.
    Ich finde das uns das damit sehr gut gelungen ist. Dies ist die Meinung der meisten Menschen die uns schreiben und ja es gibt auch Stimmen die gerne mehr Informationen aus bestimmten Richtungen hätten.

    Meiner Meinung nach muss nicht jeder Inhalt in dieser Broschüre aufgenommen werden. Wichtig sind vor allem die Berichte von Betroffenen/Partnern/Eltern, die das Herz der Broschüre ausmachen. Wie dir bestimmt schon aufgefallen ist, ist das der kursiv geschriebene Inhalt. Um so schlimmer finde ich es, dass du dir gerade diese Passagen für dein Kritik heraus gesucht hast. Dies sind Meinungen und Gefühle der Menschen die das KS selbst betreffen und somit der Kern all unserer Bemühungen.

    Was die deiner Meinung nach fehlenden Bereiche angeht, so bin ich offen für weitere Infobroschüren, dann aber bitte in ernster Zusammenarbeit und nicht nur als Kritik wenn die Arbeit getan ist. Darum mein Vorschlag an dich, nimm dir doch unsere Broschüren zu Herzen und erstelle einen Inhalt der deiner Meinung nach dort hinein sollte und auch hinein passt. Wenn er nach einer von uns durchgeführten Prüfung auf Inhalte und Quellen sauber gearbeitet und nachvollziehbar ist, dann sehen wir weiter. Aber bitte bedenke wer die Zielgruppe ist.

    Ich wünsche dir noch schöne Feiertage
    Urs Ambrosius

    PS. der Link funktioniert bei mir nicht, kannst du ihn bitte reparieren?
    (Wenn es an mir liegt, bitte das PS löschen)

  4. Hallo Urs,

    ich kann Deine Argumentation nicht ganz nachvollziehen.

    1. Wenn bereits die Erstinformation 100 Seiten (!) umfasst, warum werden dann Eventualitäten (die nunmal nicht extrem selten sind) nicht aufgeführt? Immerhin geht es hier auch um Betroffene, die Ansprechpartner suchen. Je mehr Begleiterscheinungen hinzukommen, desto eher besteht ein Wunsch nach einem Ansprechpartner, aber bestimmt nicht nach Aussagen wie „Das hat mit KS nichts zu tun.“ Wem tut man damit etwas Gutes? Den Eltern und Angehörigen vielleicht, aber nicht den Betroffenen selbst.

    2. Habe ich mir nicht „gerade diese Passagen“ herausgesucht, sondern habe die gesamte Broschüre gelesen und viele Passagen kritisiert, negativ wie positiv (auch die kursiven!).

    3. Ich bin kein Mitglied des Vereins, ich lebe nicht in Deutschland und habe keinerlei Nutzen von einer Mitgliedschaft. Es ist mein gutes Recht, als Betroffener von KS veröffentlichte Texte zu kritisieren, ob nun das Broschüren oder wissenschaftliche Inhalte oder Medienberichte betrifft. Als Nichtmitglied habe ich nichts von einer Neufassung dieser Broschüre gewusst und konnte daher auch mit niemandem „zusammenarbeiten“.

    4. In meiner Kritik und in zahlreichen Beiträgen habe ich erläutert, was hineingehört. Im Gegensatz zu Euch nenne ich immer die verwendete Literatur!

    „Wenn er nach einer von uns durchgeführten Prüfung auf Inhalte und Quellen sauber gearbeitet und nachvollziehbar ist, dann sehen wir weiter. „

    Von Euch durchgeführt? Wer garantiert mir, dass ihr neutral arbeitet? MEINE Quellen stehen sorgfältig herausgearbeitet und nachvollziehbar für alle Menschen öffentlich im Netz: https://factsaboutklinefelter.com/literatur/

    Ich dachte die Zielgruppe eines Selbsthilfevereins sind BETROFFENE. Klinefelter ist doch kein SCHÖNWETTERPHÄNOMEN! Wenn es keine Probleme und kein Unterstützungsbedarf gibt, brauche ich keinen Verein. Ich erwarte mir von einem Verein, dass er mich unterstützt, auch wenn ich nicht in die Norm passe. Keinesfalls erwarte ich mir Schönreden und in Abrede stellen von Zusammenhängen. Deutschland ist doch keine Insel auf der Welt, die die einzige Wahrheit gepachtet hat. Dänemark, Schweden, Niederlande, Großbritannien, USA… dort wird ebenso Forschung betrieben und es gibt viele Betroffene. Dort werden auch Zusammenhänge nicht ausgeschlossen, selbst wenn es nur eine Minderheit unter uns KSlern betrifft.

    Für eine Zusammenarbeit müsste für mich der Respekt vor meinen Recherchen erkennbar sein, den ich in Kommentaren wie unten

    An der Kritik sieht man, dass der Autor die neuesten medizinischen Forschungsergebnisse nicht kennt. …

    Wichtig: Autismus und KS haben keinen Zusammenhang – es kann aber beides bei einem Menschen auftreten.

    … nicht erkennen kann.

    An dieser Stelle möchte ich auf die neue S3-Leitlinie zu Autismus (seit 23.02.16) hinweisen, gemäß der das Klinefelter-Syndrom als „Risikofaktor“ für eine Diagnostik aufgenommen wurde. 5-10 % Autisten unter Klinefeltern klingt wenig, sind aber gemäß den Dunkelziffern immerhin 4000-8000 Betroffene in ganz Deutschland! Wie in meiner Kritik bzgl. S.26 der Broschüre herausgearbeitet, überlappen sich zahlreiche Symptome von Klinefelter und Autismus, weshalb Doppeldiagnosen überhaupt nicht verwundern dürften.

    Gruß,Felix

  5. Zitat Lars Glöckner: „Autismus und KS haben keinen Zusammenhang …“

    In den ‚Mitteilungen zur aktuellen Labordiagnostik‘ von Frühling 2015 (Riport 78, S.7 f.) findet sich eine Kurzzusammenfassung über das Klinefelter-Syndrom von Univ.-Prof.em. Dr.med. Dr.h.c. Eberhard Nieschlag. Darin taucht in Tabelle 1: Prävalenz (%) der Komorbiditäten bei Klinefelter-Syndrom auch Autismus mit 48% auf.

    http://www.risch.ch/index.php?TPL=10123

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