Der Unterschied zwischen Schüchternheit und Missverständnissen

Dieser Beitrag ist eine vollständige Übersetzung eines sehr verständlichen Blogtexts von stimmycat, die beschreibt, wie sich Schwierigkeiten in der Kommunikation als Schüchternheit bemerkbar machen können.

The following entry is a full translation of a really comprehensive text of the autistic blogger stimmycat describing how communication difficulties may express as shyness for non-autistic (= allistic) people.

Original-Artikel: https://autismthroughcats.wordpress.com/2014/08/24/shyness-and-misunderstandings/

*

Ich bin schüchtern, aber ich kämpfe auch mit der Fehlverbindung zwischen meinem autistischen Kommunikationsstil und dem nichtautistischer Leute. Ich sehe diese als getrennte Bereiche, aber die Leute scheinen sie oft zu verwechseln. Deshalb erkläre ich, wie ich die Dinge sehe.

Schüchternheit ist eine Persönlichkeitseigenschaft, die bedeutet, dass ich nervös werde und es mir unangenehm ist, wenn ich unter Leuten bin, die ich nicht gut kenne und wenn ich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehe. Schüchternheit bedingt bei mir, dass ich nicht immer sage, was ich ausdrücken möchte.

Und ich bin autistisch und weiß oft nicht, was ich in bestimmten sozialen Situationen sagen soll. Autisten neigen dazu, zu sagen, was sie meinen und wir neigen dazu anzunehmen, dass dies jeder auch tut. Aber in A Field Guide to Earthlings, ein Buch über nichtautistisches Verhalten, schreibt Ian Ford über die viele Wege, über die nichtautistische Leute nicht das sagen, was sie meinen. Er argumentiert, dass in manchen Situationen – etwa bei Smalltalk – Dinge, die nichtautistische Leute sagen, nicht einmal der Zweck der Interaktion sind. Während sie Dinge so sagen, dass sie bedeutungsvoll klingen, können nichtautistische Leute stattdessen einen stillen Austausch haben, den eine autistische Person komplett missversteht oder nicht einmal bemerkt. Dieser Gedanke erscheint mir bizarr, aber er erklärt viel.

Manchmal drehen sich die Interaktionen von Nichtautisten über die Dinge, die sie sagen. Ich denke, das passiert an der Univeristät, wenn ich mit den Lehrenden oder anderen Studenten über Zoologie diskutiere. Der Zweck dieser Art von Interaktion ist es, Wissen und Meinungen über Zoologie auszutauschen. Ich verstehe das. Ich weiß, wie man über Zoologie diskutiert. Ich habe Wissen und Meinungen darüber, die ich gerne teile und ich verstehe allgemein, was andere Leute darüber sagen. Aber in großen Gruppen und wenn ich unter Leuten bin, weiß ich es nicht, manchmal bleibe ich still, wenn ich darüber nachdenke, was ich sagen könnte, oder ich werde nervös und sage etwas Falsches, weil ich schüchtern bin.

Aber wenn Leute Smalltalk betreiben oder eine nette Plauderei mit mir suchen, verstehe ich den Zweck dieser Interaktion nicht. In der Vergangenheit dachte ich, sie wären an dem interessiert, über das sie tatsächlich reden, wie das Wetter oder was die Leute am Wochenende getan haben, und ich versuchte, interessante Dinge zum Thema der Konversation beizutragen. Aber wir endeten gewöhnlich mit einer unangenehmen Stille und ich verstand nie, was ich falsch gesagt hatte. Manchmal konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, was ich sagen sollte, also sagte ich gar nichts.

Ich kenne viele Leute, die mir sagen, dass ich unter Leuten entspannen und aus meinem Schneckenhaus herauskommen soll, oder mich selbst mehr mögen oder mehr ich selbst sein, und Auswirkung dessen scheint zu sein, dass, wenn ich diese Dinge tue, ich eben weiß, was ich sagen will. Aber das hilft kaum. Wenn ich versuche, meine Schüchternheit zu überwinden, ende ich mit dem gleichen Ergebnis.

Wenn ich versuchte, den Ratschlägen zu folgen, wie ich mit Schüchternheit umgehen soll, regte mich das wirklich auf, wenn ich wieder und wieder zu versagen scheine, und am Ende hörte ich damit auf, es zu versuchen.

Weil ich denke, dass das Problem nicht Schüchternheit ist, sondern es einen gewissen fundamentalen Unterschied gibt, wie ich und andere Leute unsere Interaktionen wahrnehmen. Ich konzentriere mich auf Worte und scheitere dabei, zu bemerken oder zu erwidern, was eine nichtautistische Person wirklich zu tun versucht.

Vor kurzem verstand ich erst, dass Worte oft nicht im beabsichtigten Mittelpunkt stehen. Und ich denke, ich habe gelernt, manches zu imitieren, was nichtautistische Menschen machen, wenn sie plaudern. Wenn jetzt jemand sagt „Wie geht’s Dir?“ versuche ich nicht die Fragen zu beantworten, sondern zu sagen „Fein, danke! Wie geht’s Dir?“ Dies scheint erfolgreich zu sein, wenn man ein Gespräch beginnt. Und wenn mich jemand etwas anderes fragt, beantworte ich es und frage das Gleiche zurück.  Ich tat das zuvor meist nicht, weil mich gewöhnlich die Antwort nicht interessierte.  Ich denke, das ist eine gute Methode,  geeignete Fragen zu stellen – mir wurde gesagt, ich sollte das tun, aber ich hatte große Probleme, mir welche einfallen zu lassen.

Diese Nachahmung nichtautistischer Kommunikation scheint bei kurzen Gesprächen zu funktionieren, aber ich befürchte, dass die Leute mich durchschauen, wenn ich es längere Zeit aufrechtzuerhalten hätte. Ich verstehe nach wie vor nur mit Mühe und Not manche Aspekte nichtautistischen Verhaltens.

Edit: ich hätte wahrscheinlich klarstellen sollen, dass nicht jeder Autist wie ich kommuniziert.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s