Dieser Beitrag ist eine Übersetzung von
https://askpergers.wordpress.com/2014/11/20/why-autistic-people-are-more-likely-to-be-bullied/
Jeder kann ein Mobbingopfer werden, aber es scheint so, dass eine unverhältnismäßige Anzahl von Autisten in einem bestimmten Lebensabschnitt Mobbing erfährt. Es gibt dafür eine Reihe von Gründen, und die meisten davon haben mit der Psychologie der Person zu tun, die mobbt. Es gibt etwas über Autisten, das sie als „ideale Opfer“ in den Augen des potentiellen Mobbers erscheinen lässt. Der wahrscheinlich einfachste Weg, diesen Punkt zu veranschaulichen, ist es ein paar der Schlüsselfaktoren (siehe unten) aufzulisten, sodass ihr eine Idee davon bekommt, über was ich rede.
- Autisten neigen dazu in einer Gruppe aufzufallen – einer der fundamentalen Grundsätze von Autismus ist, wenn Du es hast, dann bist Du nicht wie die anderen um Dich herum. Das muss nichts Schlechtes sein, und Du musst nicht einmal komplett verschieden von den anderen sein, aber Tatsache ist, dass die meisten Mobber sich jemanden herauspicken, der zumindest etwas verschieden ist. Das kann jemand sein, der dicker oder dünner ist, oder größer oder kleiner als der Durchschnitt. Wenn jemand Autismus hat, könnten sie im Vergleich zu den anderen unterschiedlich kommunizieren oder ein anderes Verhalten zeigen. Es könnte etwas so Einfaches sein, wie sich in einer speziellen Art zu kleiden, beispielsweise trug jemand, den ich kannte, jeden Tag die gleiche Klamotten. Oder es könnte sein, sich in zwanglosen Situation sachlich auszudrücken. Der Umstand, dass jemand nach einem Opfer Ausschau hält, bedeutet, dass sogar der kleinste Unterschied eine Person mit Autismus geeignet für Mobbing erscheinen lässt.
- Autisten haben möglicherweise nicht so einen großen Freundeskreis, der sich für sie einsetzt wie bei anderen – ich möchte klarstellen, dass dieser Punkt nicht jeden betrifft – Ich zeige nur auf, was mir viele gemobbte Autisten berichteten – es wird nicht auf jeden zutreffen. Aber einige Autisten berichten, weil sie Schwierigkeiten hatten, Freundschaften in der Schule oder am Arbeitsplatz zu schließen, wurden sie innerhalb Tagen ihrer Ankunft herausgegriffen als Person, die noch keine Freundschaften geschlossen hat; Deshalb, wenn der Mobber nach einem Opfer sucht, wird er nicht nach einer Gruppe Ausschau halten, sondern nach einem einzelnen Individuum. Das ist der Beginn eines Teufelskreises. Weil sie nicht rasch genug Freundschaften schließen konnten, werden sie als freundschaftslose Person bekannt, die gemobbt wird – und wer möchte Freundschaften mit dieser Person? Offensichtlich keiner, was bedeutet, dass sie sogar wahrscheinlicher weiter gemobbt werden. Natürlich sollten die Leute in der Lage sein, sich auf eine bestimmte Situation einzustellen, und Freundschaften in ihrer Geschwindigkeit und auf ihre Weise zu schließen, doch unglücklicherweise scheinen viele Schulen und Arbeitsplätze soziale Strukturen beinahe wie Gefängnisse aufzuweisen. Wenn Du in einer Gruppe bist, hast Du viel eher Leute, die auf Dich achtgeben, während man auf sich alleine gestellt viel leichter zum Mobbingopfer wird. Es sollte außerdem betont werden, dass auch Leute mit guten Freunden gemobbt werden können, aber die Mehrheit der Mobber schaut nach dem leichtestmöglichen Ziel.
- Viele Autisten sind nicht fähig, Körpersprache oder soziale Signale zu lesen, deshalb kann es schwer für sie sein, die Absichten der anderen zu erkennen – das macht sich offensichtlich viel anfälliger dafür, wenn jemand mit ihnen etwas vorhat – vielleicht sie zu einem abgeschiedeneren Ort zu locken, sodass sie zusammengeschlagen werden können, oder sie so zu manipulieren, dass sie etwas peinliches oder illegales tun. Die Person, die das tut, könnte es nicht einmal besonders intelligent oder gut anstellen, die Absichten zu verschleiern, und es kann für jeden im Raum klar sein – aber es geht komplett an dem Autisten vorbei, dadurch werden sie automatisch ein viel einladenderes Ziel für jeden, der beabsichtigt zu mobben. Autisten unterschätzen möglicherweise die Ernsthaftigkeit dessen, was eine andere Person gerade plant. Es ist außerdem möglich, dass sie dahingehend manipuliert werden, den Mobber als ihren Freund zu betrachten. Die Signale, dass etwas nicht in Ordnung ist, wenn sie in eine bestimmte Situation gelockt werden (bestimmte Blicke, Gelächter oder Bemerkungen) werden vollständig übersehen. Das ermöglicht Mobbern, autistische Menschen in einer Weise zu manipulieren, wie sie es nicht mit neurotypischen Menschen machen könnten.
- Autisten tendieren zudem dazu, Gesagtes wörtlich zu nehmen – das schließt an den obigen Punkt an, dass sie leichter zu manipulieren sind. Aber es verleiht den Worten der Mobber auch zusätzlichen Druck, der in zwei Arten daherkommt: Wenn jemand sagt „Ich werde Dich umbringen“, nehmen die meisten Menschen an, dass damit gemeint ist zusammengeschlagen zu werden. Das alleine ist schon nicht erfreulich, aber der Autist nimmt das ernst, was Leute zu ihm sagen, und sie gehen am nächsten Tag in die Schule im Glauben, jemand beabsichtige sie umzubringen, dann muss der Tribut, den jemand physisch und physisch zahlen muss, extrem sein. Den Druck zu haben, jeder einzelnen Bedrohung zu glauben, die eine Gruppe von Mobbern ausspricht, würde einen unbeschreiblichen Stress für ein Individuum bedeuten. Die Familie und ihr Leben wäre täglich bedroht. Das könnte die Schwierigkeit hinzufügen, dass der Gemobbte niemandem davon erzählt. Es würde die Erfahrung außerdem noch schrecklicher für das autistische Individuum machen. Die andere Art, dass Gesagtes wörtlich zu nehmen Probleme bereiten kann, ist Online-Mobbing. Bedrohungen und verbaler Missbrauch sind leider Alltag bei den Erfahrungen im Netz. Aber die meisten Menschen wissen, dass dies die Person am anderen Ende zum eigenen Vergnügen tut, und empfinden es nicht so, wenn sie anderen Leuten Botschaften zukommen lassen. Wäre der Mobber nicht zufällig auf diesen besonderen Autisten gestoßen, hätte er seine Nachrichten an jemand anders gesandt. Ich versuche damit nicht zu sagen, dass es dies leichter für das Opfer macht – stellt Euch vor, wenn man jeder zufälligen Beleidigung glaubt, die von jemand online aufgeworfen wird und mit ernsthaft gemeintem Hass an Dich persönlich gesendet wurde, dann ist es kein Wunder, dass manche Leute beginnen, diesen Beleidigungen und Bedrohungen zu glauben, und sich wertlos und verängstigt fühlen.
- Weil autistische Menschen damit kämpfen zu verstehen, wie sie sozial dazugehören, können sie alles dafür tun, was sie für notwendig empfinden, um sich den Gleichaltrigen anzupassen. Leider macht sie das unglaublich anfällig für jene, die sie einfach ärgern wollen. Ihrer Meinung nach sind sie Teil der Gruppe und haben alle Spaß zusammen, aber in Wirklichkeit sind sie bloß die Zielscheibe der Witze. Das geschieht offensichtlich nicht bei Freundschaften, aber passiert manchmal mit einem Mobber oder eine Gruppe von Mobbern.
Weil der Wunsch dazuzugehören so groß sein kann, weiß der Autist mitunter, dass das, was zu tun von ihnen verlangt wird, falsch oder beschämend sein kann, aber tut es trotzdem lieber als weiterhin ignoriert zu werden. Das kann leider mit jedem sozial Ausgestoßenen passieren, ob sie nun autistisch sind oder nicht. Zudem ist es möglich, dass die autistische Person nicht weiß, dass sie etwas falsches oder ungesetzliches tut, und dass sie nicht versuchen, dazu gehören, weil sie Freundschaften schließen wollen, sondern um das Mobbing zu beenden.
- Autisten zeigen oft die gewünschte Reaktion auf Mobbing – nun mögen es Mobber zu verletzen und Leute zu manipulieren – das bedeutet nicht, dass sie ihr ganzes Leben schlechte Menschen sein werden, aber in dem Moment fügen sie einem anderen Menschen körperliche und seelische Schmerzen zu – manche tun das, weil sie die Macht genießen, die ihnen über jemand anders gegeben wird, aber die meisten tun es, um zu sehen, welche Reaktion sie vom anderen erhalten. Jemand mit Autismus kann offensichtlich bis zum Zusammenbruch (Meltdown) provoziert werden – was nahezu die beste Reaktion ist, die ein Mobber erhalten kann. Sie können eine Person subtil veräppeln, was zu einem Ausbruch bei der autistischen Person führen wird, und ihn selbst als den Bösewicht hinstellt. Viele Mobber bzw. ehemalige Mobber begründeten die Verletzung von Leuten, um eine Reaktion zu erzwingen, damit, dass sie gelangweilt waren. Diesem sollte man aber nicht zu viel Bedeutung beimessen, denn in der heutigen Gesellschaft gibt es wirklich keinen Grund, gelangweilt zu sein – Internet und Mobiltelefone geben uns alles, was wir wollen, mit unseren Fingerspitzen, und trotzdem benutzen dies manche Menschen, um zu mobben. Menschen, die sich damit beschäftigen, solche Reaktionen zu erzwingen, tun das zu ihrem eigenen Vergnügen, und leider zeigen autistische Menschen oft die willkommensten Reaktionen.
- Autistische Menschen können damit ringen, um Hilfe bei einem Problem zu bitten, weil ihre kommunikativen Fähigkeiten nicht ausreichen – vielleicht können sie physisch nicht darum bitten oder etwas darüber sagen, weil sie unfähig zum Sprechen sind? Vielleicht sind sie zu verschreckt und verängstigt, um einen Versuch zu wagen, dem Lehrer, Kollegen oder Elternteil mitzuteilen, was bei ihnen abgeht? Vielleicht glauben sie den Drohungen der Mobber und halten aus diesem Grund still? Was auch immer der Grund ist, autistische Menschen können sich manchmal in Stille leidend wiederfinden, und das zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens. Die Leute sagen, rede mit einem Lehrer oder Elternteil, als ob das alles löst – das ist ok, aber wenn Du nicht weißt, wie Du es jemand sagen sollst, wenn Du kein Vertrauen darin hast, Dich jemandem anzunähern, wenn der Gedanke, zu jemandem zu gehen und ein Gespräch zu beginnen beinahe so verschreckend ist wie gemobbt zu werden, was sollst Du dann tun? Ich biete hier keine Lösungen an, aber vielleicht ist es besser, wenn die Eltern und Lehrer selbst die Probleme erkennen, und darauf achtgeben? Es ist wirklich wichtig, dass jemand weiteres eingeweiht wird, was los ist, und die Person unterstützt, die gemobbt wird.
Das zuletzt Geschriebene sind nur ein paar Situationen, die mir widerfahren sind, als ich begann, darüber nachzudenken, warum autistische Menschen häufiger zum Mobbingopfer werden. Ich vermute, was ich tat, war mich in die Perspektive des Mobbers zu versetzen, und mich zu fragen, wenn ich jemand wehtun und damit durchkommen wollte, welche Art von Person ich als Zielscheibe benutzen würde, und warum? Es mag andere Gründen geben, und nicht jeder, der autistisch ist, wird zur Zielscheibe für Mobbing in ihrem Leben. Ich hoffe, dass die aufgezählten Faktoren für Euch einen Sinn ergeben. Ich bin sicher, dass ich nicht alles genannt habe, und wenn Euch etwas anderes widerfahren ist, kommentiert bitte darunter, und lasst mich wissen, was es war. Ich möchte außerdem in diesem Artikel nicht andeuten, dass nur Autisten gemobbt werden, da Mobbing ein Problem ist, das jedem in der Gesellschaft passieren kann.